Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Mit ökologischen Wertschöpfungsketten die Covid-19-Krise überwinden

04.06.2020

Wie verletzlich globale Wertschöpfungsketten sind, zeigt gerade die Pandemie. Regionale nachhaltige Wertschöpfungsketten könnten einen stabilisierenden Beitrag zur Nach-Pandemie-Welt leisten. Ein Team des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) hat eine Typologie von Win-win-Strategien entwickelt, mit der regionale nachhaltige Wertschöpfungsketten identifizierbar werden.

Solarpanele Afrika
Wird ein nachhaltig angebautes Produkt auch mit Energie aus einer erneuerbaren Energiequelle weiterverarbeitet, dann ist eine ökologische Wertschöpfungskette entstanden.

Die Fragestellung des IASS-Teams war: Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um grünes Wachstum zu ermöglichen? Im Rahmen des von der EU finanzierten Projektes Green-Win konzentrierte sich das Team auf die folgenden drei Sektoren:

  • Küstenschutz,
  • Energiearmut auf dem Land und
  • Nachhaltigkeit in Städten.

In jedem dieser Sektoren wurde in ausgewählten Industrie- und Schwellenländern nach konkreten Geschäftsmodellen gesucht, die sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile hervorbringen.

Ein Praxisbeispiel aus dem Green-Win-Projekt

Ein Unternehmen vertreibt nachhaltig angebauten Kaffee, der aber mit fossilen Brennstoffen geröstet wird. Die ökologische Innovation ist, den fossilen Brennstoff durch Biogas zu ersetzen. Dies hilft der Umwelt, aber auch den Herstellern der Ausrüstung für die Biogaserzeugung, den Bauern, die das Biogas erzeugen sowie den Kaffeeröstern. Der Kaffee, den die Kunden trinken, ist zudem umweltfreundlicher erzeugt als zuvor.

Eine zentrale Herausforderung des Projektes war es, die Voraussetzungen von Win-win-Strategien und grünen Geschäftsmodellen besser zu verstehen. Hierzu hat das IASS-Team das etablierte Konzept von Wertschöpfungsketten um die Dimension des Konsums ergänzt.

„Eine Win-win-Strategie ermöglicht es, einen ökonomischen Vorteil zu erreichen, wenn eine Wertschöpfungs-Konsum-Kette weiterentwickelt wird und diese Weiterentwicklung außerdem eine ökologische Verbesserung mit sich bringt“, sagt Armin Haas.

Mithilfe von Wertschöpfungs-Konsum-Ketten lässt sich transparent machen, welche Akteure für eine konkrete Win-win-Strategie notwendig sind und an welcher Stelle der ökologische Vorteil auftritt. „Der Ort der ökologischen Verbesserung muss keineswegs bei dem Akteur liegen, der eine Win-win-Strategie entwickelt. Er kann an einer ganz anderen Stelle der Wertschöpfungs-Konsum-Kette auftreten“, sagt Erstautor Frank Meißner. „Indem der Kaffeeröster auf Bali auf Biogas umstellt, werden die Methan-Emissionen bei den Bauern reduziert, die das Biogas produzieren“, sagt Meißner.

„Wenn wir die Welt nachhaltig umgestalten wollen, brauchen wir auch die Eigeninitiative der Beteiligten. Das funktioniert dann besonders gut, wenn ökologische Verbesserungen zu höheren Einkommen vor Ort führen“, sagt Armin Haas, der das IASS-Team vom Projekt Green-Win geleitet hat.

Typologie der erfolgreichsten Strategien

„Im Forschungsprojekt Green-Win waren wir mit der Vielfalt der vor Ort identifizierten Win-win-Strategien konfrontiert. Um die unterschiedlichen Anreize, Hindernisse und Handlungsmöglichkeiten für Unternehmen, deren Lieferanten und Kunden, aber auch die Gestaltungschancen für die Politik besser verstehen zu können, haben wir eine Typologie  für innovative Win-win-Strategien entwickelt“, sagt Meißner.

„In allen Sektoren fanden wir Potential für regionale ökologische Wertschöpfungsketten. Diese Wertschöpfungsketten könnten eine wichtige Rolle spielen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Covid-19-Pandemie“, sagt IASS-Projektleiter Armin Haas.

Im Kontrast zur etablierten Literatur konnten die Wissenschaftler Win-win-Strategien nicht nur im Feld der Vermeidung des Klimawandels ausmachen, sondern ebenso bei der Anpassung an den Klimawandel: „Der Küstenschutz bietet vielfältige Gelegenheiten für regionale ökologische Wertschöpfungsketten. Kluge Maßnahmen vor Ort können sowohl die Umwelt als auch die Menschen schützen. Wenn sie dabei noch wertvolles Bauland schaffen, kann das die Staatskasse entlasten und vorher undenkbare Verbesserungen ermöglichen. Und das funktioniert sowohl in Entwicklungsländern als auch in Industrieländern erstaunlich gut“, sagt IASS-Wissenschaftler Armin Haas.

Mit einem internationalen Konsortium von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Geschäftsleuten hat ein Team des IASS im von der EU finanzierten Forschungsprojekt Green-Win real existierende ökologische Wertschöpfungsketten untersucht.

Publikation

Meissner, F., Haas, A., Hinkel, J., Bisaro, A. (2020): A typology for analysing mitigation and adaptation win-win strategies, Climatic Change. https://doi.org/10.1007/s10584-020-02681-x

Kontakt

Sabine Letz

Sabine Letz

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